Die Großstadtfüchse by Pestum Jo

Die Großstadtfüchse by Pestum Jo

Autor:Pestum, Jo [Pestum, Jo]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Die dünne Bess will erst einmal die Umgebung absuchen. »Vielleicht gibt es noch mehr Kaninchenbabys. Hasen und Kaninchen und solche Tiere, die werfen doch nicht nur ein einzelnes Junges. So vier, fünf Winzlinge mindestens gibt’s bei jedem Wurf. Das weiß ich aus dem Tierlexikon.«

Sie suchen und suchen in immer größer werdenden Kreisen fast das gesamte Zechengelände ab, doch sie finden keine weiteren Kaninchenkinder, und die Kaninchenmutter entdecken sie auch nicht.

»Wie kann das große Kaninchen denn abgehauen sein?« fragt Jockel verständnislos. »Um das ganze Gelände rum ist doch ‘ne hohe Betonmauer!«

Nobby Nase spielt den großen Waldläufer, der alles über Wildtiere weiß: »Erstens finden Kaninchen überall einen Durchschlupf, die können sich sogar unter der Mauer durch ein Loch wühlen. Zweitens können die sich ganz platt machen und hinten bei der Toreinfahrt unter den Eisenplatten durchrutschen. Irgendwie ist die Kaninchenmutter ja auch in dieses Gelände reingekommen, die ist doch nicht aus den Wolken geplumpst. Logisch?«

»Logisch«, gibt Jockel zu. »Kann ja auch sein, daß manche Kaninchen über Mauern klettern können.« Dann sagt er einen Satz, auf den ist er sehr stolz: »Tiere passen sich leicht den veränderten Lebensbedingungen an.«

»Völlig klar«, sagt der Cowboy trocken, »darum können die meisten Pferde ja auch fliegen.«

»Hört auf zu blödeln!« schimpft die dünne Bess. »Wir haben ein Problem. Ich wette, die Alte kommt nicht zurück. So lange kann man einen Säugling nicht allein lassen, auch wenn’s ein Tier ist.«

Die Fledermaus sagt: »Ob die Kaninchenmutter von Wilderern totgeschossen worden ist? Hier ballern doch manchmal welche mit Luftbüchsen und Kleinkalibergewehren rum.«

»Möglich ist alles«, erklärt Otto. »Aber was das Problem betrifft — also, irgendwie müssen wir den Winzling am Leben halten.«

Maria nickt entschlossen. »Milch. Ich besorge welche.«

»Und ich hol den Vogelkäfig von Tante Malchen«, ruft Max und will schon losrennen. »Die braucht den ja nicht mehr, seit ihr Piepmatz im Jenseits ist.«

»Stopp!« schreit Otto. »Vogelkäfig? Was soll denn der Quatsch bedeuten?«

»Wir müssen den Winzling doch schützen! Hier wimmelt’s nur so von Ratten und Katzen, Mardern und Frettchen. Und an die großen Vögel muß man auch denken. Bussarde und Krähen und Möwen und so. Die sind ganz scharf auf Winzkaninchen.« Und nun saust der schnelle Max endgültig los.

»Könnte nicht einer von uns den Kleinen mit nach Hause nehmen?« gibt die dünne Bess zu bedenken. »Da wär er doch in Sicherheit.«

Tierfachmann Nobby ist dagegen. »In der Wohnungsluft gehen solche Tiere ein. Jedenfalls wenn sie noch so klein sind. Wir päppeln den Willi hier draußen hoch, und wenn er dann größer ist, schenken wir ihn Jockel nachträglich zum Geburtstag.«

Jockel grinst selig. Er hat nämlich wirklich heute Geburtstag. Die Aussicht auf ein solches Geschenk läßt er sich gefallen. »Wie kommst du auf Willi?« fragt er Nobby Nase.

»Na! Schau dem Winzling mal genau ins Gesicht, dann siehst du, daß er Willi heißt.«

Die Fledermaus kommt zurück und hält dem Kaninchenbaby vorsichtig den Schnuller einer Liebesperlenflasche vor die Nase. Der Schnuller ist mit Milch getränkt. »Ich glaube, jetzt hat er einen Tropfen genommen«, sagt Maria. Genau kann sie das aber nicht sehen. »Lecker, lecker!« schmeichelt sie.

Später legen die Füchse den Vogelkäfig mit Moos aus.



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